Ein Fünftel Cinque Terre – 13.04.2023
Ein Besuch in Vernazza, dem drittgrößten oder -kleinsten der fünf Cinque-Terre-Orte, war gestern deshalb gescheitert, weil wir uns zwar durchs Nebelgekurve bis zu einem Parkplatz durchgekämpft hatten, der aber noch so weit vom eigentlichen Zentrum entfernt war, dass wir beschlossen, das mal wacker sein zu lassen. Denn der Parkplatz lag oberhalb (!) des Ortes. Hinzu kam gestern, dass es ausgerechnet da auch noch anfing, zu regnen. Also streckten wir nach gefühlten zwei Minuten das Parkticket mit der handschriftlich eingetragenen Uhrzeit dem Parkplatzbetreiber mit den obligatorischen 2,50 Euro für eine angefangene Stunde wieder entgegen. Die Annahme des Geldes lehnte er aber kategorisch ab.
Letztendlich war das auch gut so, denn in Manarola hatten wir es richtig gut getroffen (s. Beitrag vom 12.04.2023). Gleichwohl waren wir neugierig auf Vernazza, weil es – zumindest in unserem Reiseführer – als der schönste Ort der Cinque Terre angepriesen wird. Weil wir um die Parkplatzverhältnisse wussten, wählten wir heute die Bahn. Die Bahnstrecke zwischen Sestri Levante und La Spezia fährt alle fünf Cinque-Terre-Orte an. Wir stiegen in Moneglia zu. Während der Wartezeit auf den Zug redete auf uns, wie bereits auf andere Grüppchen, die warteten, eine junge Frau auf Italienisch ein – ohne Punkt und Komma und ohne sich darum zu kümmern, ob wir auch nur ein Wort verstehen. Sie war nicht ganz bei sich, und das Gute war, dass sie es einem auch nicht übelnahm, wenn man sich von ihr wegdrehte und wegging. Dann redete sie halt einfach auf jemand anderen ein.
Wir sahen dann aber doch zu, dass wir nicht in den Waggon einstiegen, den sie für sich wählte. Eine Offenbarung war die halbstündige Fahrt bis nach Vernazza aber wahrlich nicht. Man kann sie getrost als Tunnel-Hopping bezeichnen, denn das Tageslicht bekommt man nur in den jeweiligen Bahnhöfen zu sehen.
In Vernazza war ich zuerst richtig geschockt. Das 750-Seelen-Örtchen ist eigentlich wirklich wunderschön, aber es herrschte ein dermaßen großes Touristengedränge, dass es kaum zu ertragen war. In Vernazza kommt man den Massen überhaupt nicht aus – selbst dann nicht, wenn man sich in die besonders engen Gassen verdrückt. Durch die verlaufen nämlich die Wanderwege, die die Cinque-Terre-Orte verbinden. Das Teilstück zwischen Vernazza und Monterosso gilt als eines der beliebtesten. Wer Vernazza anschauen will, landet also – vom Bahnhof aus – auf der Via Roma. Der Strom trägt einen runter bis zum Hafenbecken. Dort ist dann Schluss. Unmengen an Gruppen – Reisegruppen, Schulklassen, Familien in jeglicher Zusammensetzung – „stranden“ dort, erklimmen die Felsen und Wellenbrecher. Letzteres war heute gar keine gute Idee, denn die See war unglaublich stürmisch. Einer Gruppe kanadischer Jugendlicher, die laut ihrer Shirts auf „European Tour 2023“ war, wäre ihr Leichtsinn beinahe zum richtig schlimmen Verhängnis geworden. Eine Riesenwelle erfasste einige von ihnen, zog ihnen die Füße weg. Sie hatten Glück, nicht mit ins Meer gezogen zu werden. Ein Mädchen war von Kopf bis Fuß tropfnass und hatte sich auch Schürfwunden zugezogen. Aber trotz dieser Unmengen an Leuten erkannte ich eine junge französische Familie wieder, die ich gestern Abend beim Essen in Manarola beobachtet und die zur gleichen Zeit wie wir den Weg zum Parkplatz angetreten hatten.
So richtig begeistern konnten wir uns für Vernazza nicht. Das Naturschauspiel der sich brechenden Wellen war toll, die kleine romanische Kirche St. Margherita di Antiochia sehr schön, zum Hochkraxeln im Ort hatten wir heute keine Lust und so unterbrachen wir unseren zweimaligen Gang durch den Ort mit einem längeren Aufenthalt in einer Bar, um Trofie pesto (Trofie-Nudeln mit Basilikumpesto-Sauce) zu essen und zum Abschluss einen Sciacchetrà zu trinken – den Dessertwein, der in den Cinque Terre hergestellt wird. Er schmeckt wirklich sehr gut, aber noch kann ich mich nicht dazu überwinden, für eine 0,5-Liter-Flasche um die 40 Euro auszugeben. Vielleicht wenn mich morgen der Urlaubs-Abschieds-Blues überkommen sollte …
Hier unsere Eindrücke von Vernazza:
Mein Fazit für die Cinque Terre:
Wenn es möglich ist, erst am späten Nachmittag dort anzukommen und in den Abend rein zu bleiben, dann sind die Orte wirklich schön. Ansonsten ist es nur zu empfehlen, das Weite zu suchen.